2. ''So ein Blödsinn'' ist das schönste Kompliment

Iwata:

Obwohl die Wii-Fernbedienung ausgezeichnet zur Spielweise von WarioWare passt, war die Entwicklung trotzdem nicht einfach. Ganz im Gegenteil! Dafür zu sorgen, dass die Mikrospiele mit der Wii-Fernbedienung gespielt werden können, stelle ich mir sehr schwierig vor.

Sakamoto:

Mit der Wii-Fernbedienung gibt es eine nahezu unbegrenzte Anzahl verschiedener Spielweisen, was besonders gut zu WarioWare passt. Aber gleichzeitig wissen die Spieler angesichts dieser Fülle an Möglichkeiten nicht, was sie jetzt eigentlich tun sollen. Es stellte sich die Frage, wie wir den Spielern die nötigen Informationen vermitteln sollten. Bei WarioWare ist Geschwindigkeit alles! Man hat im besten Fall fünf Sekunden, um zu begreifen, was verlangt wird. Daher bestand unser erstes Problem darin, den Spielern dies mitzuteilen.

Iwata Asks
Iwata:

Bisher wurden die WarioWare-Titel mit herkömmlichen Controllern gespielt. Deswegen konnte man relativ einfach Informationen vermitteln, wie: "Drücke jetzt den A-Knopf!" Aber bei der Wii-Fernbedienung konnten wir uns nicht sicher sein, wie die Spieler sie halten würden. Deshalb mussten wir uns überlegen, wie wir ihnen das am besten begreiflich machen können.

Sakamoto:

Das stimmt. Wir haben darüber nachgedacht, wie wir den Spielern erklären können, was sie tun sollten, so dass sie es auf Anhieb verstehen. Und während wir uns den Kopf darüber zerbrachen, stieg die Zahl der Mikrospiele, die uns einfielen, immer weiter. Da die Wii-Fernbedienung einzigartig ist, hatten wir eine Idee nach der anderen. Doch der Großteil dieser Ideen war zu brav, und keine davon war irgendwie außergewöhnlich.

Iwata:

Sie wollten die Spiele abgedrehter oder alberner machen?

Sakamoto:

Ganz genau! Unsere weiblichen Mitarbeiter stecken voller Energie und hatten viele lustige Ideen, die wir aber leider nicht verwenden konnten. Der Grund dafür war, dass wir nicht wissen konnten, wie die Leute die Fernbedienung halten würden. Deswegen gingen wir zunächst auf Nummer sicher und wählten die Mikrospiele aus, bei denen die Spieler die Fernbedienung normal hielten und keine besonders kniffligen Bewegungen ausführen mussten. Und dann kam uns die zündende Idee. Ich dachte: "Warum sagen wir den Spielern nicht vor jedem Mikrospiel, wie sie die Wii-Fernbedienung halten müssen?" Wir haben Anweisungen eingebaut wie: "Halte die Fernbedienung so!" und "Für das nächste Spiel halte die Fernbedienung so!" Als wir diese Anweisungen einbauten, machte jemand die etwas seltsame Bemerkung, das Ganze sähe aus, als würde man die einzelnen Figuren eines traditionellen japanischen Tanzes lernen.

Iwata:

Aha, daher kommt der Bezug zum Tanzen.

Sakamoto:

Zum einen daher, zum anderen aber von Ihrer Bemerkung, der nächste WarioWare-Titel müsse irgendetwas mit "Tanzen" zu tun haben!

Iwata:

Ja, das stimmt! (Lachen)

Sakamoto:

Sobald wir die Idee für einen Titel hatten, in dem es um tanzähnliche Bewegungen gehen sollte, erhielt das Spiel offiziell den Namen "WarioWare: Smooth Moves". Dabei geht es noch nicht mal wirklich ums Tanzen! (Lachen)

Iwata:

Das vielleicht nicht, aber es ist nahe dran! (Lachen)

Sakamoto:

Und da wir nun eine klarere Vorstellung vom Grundkonzept des Spiels hatten und wir wussten, dass die Spieler dieses Konzept jetzt einfacher verstehen würden, erhöhte sich unser kreativer Spielraum beträchtlich. Und mit dem Thema "Tanzen" im Hintergrund haben wir uns ein paar wirklich verrückte Sachen einfallen lassen! (Lachen) Es war sehr lustig, dabei zuzusehen, wie die Spieler vor den Bildschirmen Kniebeugen machten, weil sie die Anweisungen im Spiel haargenau befolgten!

Iwata Asks
Iwata:

Ich weiß noch, als Sie mir die erste Testversion zeigten und ich vor allen Leuten Kniebeugen machen durfte! (Lachen)

Sakamoto:

Das weiß ich auch noch! (Lachen)

Abe:

Darauf hatten wir uns lange gefreut! (Lachen)

Iwata:

Ja, es scheint so, dass Sie mich bei dieser Präsentation unbedingt dabeihaben wollten, nur um das zu sehen! (Lachen) Sämtliche Mitarbeiter schienen den Anblick ebenfalls zu genießen!

Sakamoto:

Es war auf jeden Fall ein denkwürdiger Anblick! (Lachen) Sie haben wirklich alles gegeben! Es ist schön, einen Chef zu haben, der auf der gleichen Wellenlänge ist wie wir! (Lachen)

Alle:

(Lachen)

Sakamoto:

Wenn man sich allerdings die Spielmechanik ansieht, wird klar, dass man nicht wirklich die Fernbedienung über den Kopf halten und Kniebeugen machen muss, um die Aufgabe zu bewältigen. Eigentlich muss man nur die Fernbedienung waagrecht halten und sie auf und ab bewegen, damit das Spiel die verlangte Bewegung erkennt. Bei der Präsentation war ich etwas nervös, weil ich nicht genau wusste, was ich tun sollte, falls Sie sich so aus der Affäre gezogen hätten.

Iwata:

Nun, ich wusste, was das Spiel von mir erwartete, aber es war mir wichtiger, was das Entwicklerteam von mir erwartete! (Lachen) Ich habe die Fernbedienung über meinen Kopf gehalten und machte Kniebeugen.

Sakamoto:

Das war wirklich ein großer Motivationsschub für das Team!

Alle:

(Lachen)

Iwata:

Das ist es, was die große Anziehungskraft von Spielen der WarioWare-Reihe ausmacht.

Sakamoto:

Das stimmt. Da das Spiel für eine Heimkonsole konzipiert ist, haben wir uns überlegt, dass einem beim Spielen wahrscheinlich häufig Leute zusehen. Natürlich haben wir darauf geachtet, dass der eigentliche Spieler Spaß hat, aber wir wollten auch, dass die Zuschauer sich amüsieren. In der GameCube-Version wurde man manchmal aufgefordert, während des Spielens etwas Bestimmtes zu sagen. Das hatte natürlich keine Auswirkungen auf das Spiel, aber man hat es trotzdem gemacht, damit die Leute um einen herum etwas zum Lachen haben. Meiner Meinung nach ist es wichtig, die Spieler beim gemeinsamen Spielen von WarioWare alle möglichen verrückten Dinge sagen und tun zu lassen, um das Erlebnis noch zu verstärken.

Iwata:

Man kann also sagen, dass die "traditionellen japanischen Tanzbewegungen" oder "Formen", wie Sie sie nennen, einen Wendepunkt für das Spiel darstellten. Wie denken Sie darüber, Abe-san?

Abe:

Ja, die Implementierung der Formen hatte weit reichende Folgen. Vor dieser Idee hatten wir überlegt, die Spieler die Fernbedienung den ganzen Spieldurchgang über auf dieselbe Weise halten zu lassen, aber wir dachten, das wäre dem Spielspaß eher abträglich. Als wir uns dann für die Formen entschieden, gab das dem Spiel eine völlig andere Richtung. Sogar die Fernbedienung erhielt im Spiel die Bezeichnung "Formenstab".

Iwata Asks
Iwata:

Ja genau, Sie kamen extra zu mir und fragten, ob es in Ordnung sei, die Wii-Fernbedienung "Formenstab" zu nennen!

Alle:

(Lachen)

Iwata:

Wenn ich ehrlich bin, war das sogar ein ziemliches Problem, denn der Name für die Fernbedienung stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig fest. Wir neigten schon damals zu der Bezeichnung "Wii-Fernbedienung" und arbeiteten hart daran, dass sie unter diesem Namen weltweit bekannt wird - und dann kommen Sie und sagen: "Können wir die Fernbedienung in diesem Spiel bitte "Formenstab" nennen?" (Lachen)

Alle:

(Lachen)

Iwata:

Und das war noch nicht einmal ein Witz, sondern Ihr bitterer Ernst. Doch als Sie mir das Spiel dann noch einmal zeigten, wurde mir klar, dass diese Bezeichnung vollauf gerechtfertigt war und ich konnte Ihnen nur noch mein O.K. geben! (Lachen)

Sakamoto:

Es ist schön, einen Chef zu haben, der auf der gleichen Wellenlänge ist wie wir! (Lachen)

Abe:

Ich bin wirklich froh, dass wir das ändern durften, denn selbst die WarioWare-Titel haben eine gewisse Hintergrundgeschichte! (Lachen) In diesem Spiel lautet sie etwa so: Eines Tages stolpert Wario über den Formenstab und schafft es irgendwie, jeden in der Stadt damit glücklich und diese Tanzformen zum letzten Schrei zu machen. In diesem Spiel sind die Formen das Schlüsselelement, das alles zusammenhält.

Iwata:

In Ermangelung einer besseren Bezeichnung könnte man die Formen als "blödsinnig" bezeichnen. Wer hatte die Ideen für ihre Namen?

Sakamoto:

Das war ich.

Abe:

Und ich.

Sakamoto & Abe:

Wir beide zusammen.

Iwata:

(Schiefes Lächeln) Wie viele Formen gibt es im Spiel? Ich meine, es waren siebzehn...

Sakamoto & Abe:

Neunzehn!

Iwata:

(Schiefes Lächeln)

Sakamoto:

Möchten Sie, dass wir Ihnen die Formen vorführen?

Iwata:

Nun, ich denke schon... Wenn Sie möchten.

Sakamoto:

Aber natürlich!

Abe:

Also, als Erstes haben wir "Die Fernbedienung"! (Bild 1)

Iwata Asks
Iwata:

...

Abe:

Die hier heißt "Der Zeichner"! (Bild 2)

Iwata Asks
Iwata:

...

Abe:

Als Nächstes - "Der Irokese"! (Bild 3)

Iwata Asks
Iwata:

Und die mit dem Boxer?

Abe:

Das ist die hier, "Der Boxer"! (Bild 4)

Iwata Asks
Sakamoto:

Zeigen sie uns den "Kellner"!

Abe:

O.K., "Der Kellner"! (Bild 5)

Iwata Asks
Iwata:

Gab es nicht auch eine Form, mit der man Champagnerflaschen öffnen musste?

Abe:

Ah, Sie meinen "Der Daumencatcher"! (Bild 6)

Iwata Asks
Iwata:

Dieses Minispiel hat mich fertig gemacht!

Sakamoto:

Das freut mich zu hören! Wir haben uns große Mühe gegeben, den Spieler dazu zu bringen, dass er sagt: "So ein Blödsinn!" oder "Das Spiel hat mich fertig gemacht!"

Iwata:

"So ein Blödsinn!" ist das schönste Kompliment! (Lachen)

Sakamoto:

Nun, ja. Wenn Sie es allerdings ernst gemeint hätten, säßen wir jetzt in der Tinte.

Abe:

Und zuletzt noch Iwata-sans Lieblingsform, "Der Irokese" mit Kniebeuge! (Bild 7)

Iwata Asks
Iwata:

Also, so ein Blödsinn! (Lachen)