5. Überdimensioniert

Iwata:

Jetzt verstehe ich, was Sie damit meinten, Sie hätten eine andere Methode zur Aktualisierung der Grafiken von The Wind Waker HD verwendet. Das Beispiel ist zwar etwas ungewöhnlich, rückte aber verschiedene Aspekte ins Blickfeld.

Dohta:

Nach der Vorgehensweise, die wir dieses Mal anwendeten, wussten vor dem Erschienen der ersten Bilder nicht einmal die Designer, wie das Spiel wohl aussehen würde. Es war eine Methode zur Anwendung gekommen, bei der die Bilder komplett ersetzt werden. Ich glaube, manchmal sahen die Designer selbst diese Bilder völlig verblüfft zum ersten Mal. (zu Mr. Arimoto gewandt) Stimmt das?

Arimoto:

Ja, wir waren selbst überrascht und dachten: „Huch. Das ist ja schon fertig.“

Alle:

(lachen)

Arimoto:

Es war eine ganz neue Erfahrung, etwas auftauchen zu sehen, an dessen Erstellung man gar keine Erinnerung hatte!

Takizawa:

Mr. Dohta ist manchmal schon ein Schelm und hat einfach ein paar Dinge überarbeitet, bei denen er dachte, es würde niemandem auffallen, und hat niemanden etwas davon erzählt. Und dann wartete er förmlich darauf, dass es doch jemandem auffiel. Als Designer konnte ich es aber nicht auf mir sitzen lassen, dass mir da vielleicht etwas entgangen sei (lacht). Also wollte ich es unbedingt ansprechen, bevor Mr. Dohta das Geheimnis lüftete und sagte: „Das, was Sie da neulich eingebaut haben, ist wirklich klasse!“ Wir hatten richtig Spaß an diesem stillen Kampf, der sich da zwischen uns beiden abspielte.

Dohta:

Es macht fast ein bisschen Spaß, erwischt zu werden! (lacht)

Takizawa:

In der zweiten Hälfte der Entwicklungsphase verbesserte sich die Qualität mit rasanter Geschwindigkeit. Ja, schon innerhalb eines halben Tages konnte sie sich ganz erheblich verbessert haben!

Iwamoto:

Zunächst waren wir etwas besorgt und fragten uns: „Wird das wohl funktionieren?“

Aonuma:

Natürlich waren die Leute skeptisch und meinten: „Sie werden es wahrscheinlich nicht in so kurzer Zeit hinbekommen.“ (lacht) Doch als wir erst einmal angefangen hatten, kam vieles ans Licht.

Iwamoto:

Aber wie Mr. Dohta schon sagte, konnten wir nach unserer Vorgehensweise nicht voraussagen, wie das Spiel letzten Endes aussehen würde. Daher mussten wir einfach zuversichtlich sein. Und so sahen wir beide bloß zu und fragten uns, wie sich das Spiel verändern würde.

Aonuma:

Genau. Wie dachten uns einfach: „Jetzt sind wir soweit gekommen, was kann daran falsch sein?“

Iwamoto:

Und dann würde er sagen: „Nein, das ist überhaupt nicht gut!”

Dohta:

Ein Wasserfall kann einfach nicht in die falsche Richtung fließen!

Alle:

(lachen)

Iwata:

Mr. Dohta, Sie hätten sich wohl nie träumen lassen, dass Sie elf Jahre später noch einmal die Daten eines Spiels analysieren und umgestalten würden, das Sie schon spielten, als Sie noch gar kein Entwickler waren.

Dohta:

Das können Sie laut sagen! (lacht)

Iwata:

Können Sie als jemand, der das Spiel sowohl als Spieler als auch als Entwickler kennengelernt hat, sagen, was daran herausragend war?

Iwata Asks
Dohta:

Was dies betrifft, hatte ich das Gefühl, dass das, was man ursprünglich mit The Wind Waker versucht hatte, einfach die Kapazität der SD-Auflösung21 überschritt. Als wir es dann aber in HD erstellten, sah ich, wie sich die Anzahl der Farben und die Auflösung erhöhten und die Animation feiner und flüssiger wurde. Die Augenbewegungen der Charaktere und solche Dinge wurden richtig zum Leben erweckt. Diese Unterschiede habe ich im Zuge meiner Arbeit richtig gespürt. 21. SD-Auflösung: Die Bildqualität analoger Fernsehausstrahlungen, bevor es HD-Fernsehen gab.

Iwata:

Vorher versuchte man, mehr in den Container zu stopfen als hineinpasste. Doch als Sie dann die Daten und Programme aus dieser Zeit für den neuen Container konvertierten, wurde Ihnen plötzlich bewusst, was die Designer wirklich hatten realisieren wollen.

Dohta:

Genau. Genau das ist passiert.

Aonuma:

Beim Anblick von The Wind Waker HD wurde mir bewusst, dass wir mit der Originalversion versucht hatten, etwas zu erschaffen, das weit über das Ausdrucksvermögen des Nintendo GameCube hinausging.

Iwata:

Wenn es allein dadurch schon besser aussah, dass es in einen neuen Container gepackt worden war, dann muss es vorher überdimensioniert gewesen sein.

Aonuma und Takizawa:

Das stimmt.

Iwata:

Es wurde – anders ausgedrückt – also mehr Energie und Kreativität hineingesteckt, als der Container wiederzugeben vermochte.

Aonuma:

Der Grund, weshalb ich so sehr darauf pochte, dass das Spiel innerhalb so kurzer Zeit ohne irgendeinen Zeitpuffer erstellt wurde, war, dass die Welt, die wir eigentlich bereits vor Jahren hatten erschaffen wollen, da plötzlich in den Testbildern zu Leben erwachte, die Mr. Takizawa mir gezeigt hatte. Ich entdeckte dort etwas, das mir sagte: „Ja, das ist es!“ Als Schöpfer von Videospielen stellte sich mir da gar nicht erst die Frage, ob wir das verwirklichen sollten.

Iwata:

Und zudem war Ihre Umgebung jetzt auch noch positiv eingestellt.

Aonuma:

Das stimmt.

Takizawa:

Hm, ich liebe Okinawa und die Inseln im Süden von Japan, und so fahre ich oft dorthin.

Iwata:

Das sieht man an Ihrer Sonnenbräune! (lacht)

Alle:

(lachen)

Takizawa:

Ich glaube, ich konnte diese Welt nur deshalb so überzeugend darstellen, weil ich mir bei der Erstellung der Testbilder immer vor Augen führte, wie wohl ich mich dort fühle.

Iwata:

Dieses Wohlgefühl lässt sich nicht anhand einer Szene auf einem Foto verdeutlichen.

Dohta:

Ich glaube, Mr. Aonuma hat schon vorher erwähnt, dass es sich hier um „Realität vor Realismus“ handelt. Mit The Legend of Zelda: The Wind Waker HD ist es uns gelungen, dieses Wohlgefühl zu vermitteln, das sich nicht durch die fotorealistische Darstellung des Meeres oder des Himmels transportieren lässt.

Iwata:

Denn hier gilt es, Licht oder eine Brise zu vermitteln, die man nicht mit dem Auge wahrnehmen kann. Natürlich ist kein reales Leuchten zu vernehmen, und es weht auch keine Meeresbrise. Und doch empfindet man das so in der Spielwelt. Es ist schon interessant, dass dieses Spiel zwar auf etwas basiert, das vor elf Jahren erschaffen wurde, sich aber trotzdem so echt anfühlt, dass es viele der heutigen Spiele mit seiner realistischen Grafik übertrifft.

Aonuma:

Ja, das ist sehr interessant. Es handelt sich um eine zu 100% fiktive Welt – also das genaue Gegenteil zu vielen Realverfilmungen. Und dennoch fühlt sich das Spiel ganz natürlich an und vermittelt ein solches Wohlgefühl. Dieses Gefühl last sich nur schwer in Worte packen.

Arimoto:

Vielleicht kommt das daher, dass dieses Wohlgefühl selbst stilisiert ist.

Aonuma und Takizawa:

Ah!

Iwata:

Eine Stilisierung des Wohlgefühls.

Arimoto:

Das Sonnenlicht und die schöne Brise werden auf eine so behagliche Weise dargestellt, bei der alles Störende ausgeschlossen bleibt. Es bleibt nur das Gute übrig, und das fühlt sich gut an.

Iwata Asks
Takizawa:

Kürzlich habe ich darüber nachgedacht, Bilder zu erstellen, die Temperaturen oder Gerüche vermitteln können. Daher habe ich auf diese Dinge geachtet. Bei der Erstellung von The Wind Waker HD habe ich die Ausleuchtung und Farbgestaltung bis zum Ende ganz sorgfältig angepasst.

Iwata:

In dieser Spielwelt hat man ungefähr solche Gedanken: „Dieses sonnige Fleckchen sieht so schön warm aus,“ oder „Im Schatten dieses Baums kann ich mich etwas abkühlen.“

Aonuma:

Die Schatten sind wirklich cool. Da möchte man als Spieler unbedingt hingehen! (lacht)

Takizawa:

Das ist nur wegen der Wii U möglich. Technologisch ausgedrückt vermag die Wii U ein großes Spektrum an Glanz darzustellen, was aber doch als Erklärung eher langweilig ist! (lacht) Ich glaube, das wird auch bei der Erstellung künftiger Zelda-Spiele ein wichtiger Punkt sein.