2. 10.000 modische Kleidungsstücke

Iwata:

Mrs. Tajima, kurz gesagt, was macht man in dem Spiel so? Bitte erklären Sie es so, als ob wir noch nichts von dem Spiel gehört hätten. Die Hauptfigur arbeitet am Anfang in einer Kleidungs-Boutique, richtig?

Tajima:

Das stimmt. Da empfiehlt man den Kunden bestimmte Stücke und versucht sie zu verkaufen.

Iwata:

Und wenn der Shop dann erfolgreicher wird, kann man irgendwann eine eigene Boutique aufmachen.

Tajima:

Das stimmt. Aber es geht nicht wirklich darum, das Geschäft anzukurbeln.

Iwata:

Worum geht es dann?

Tajima:

Da kommen viele verschiedene Kunden in den Laden. Wenn man sich mit ihnen unterhält und sich ansieht, was sie für Kleidung tragen, findet man heraus, was sie für einen Geschmack haben. Das Ziel des Spiels ist es, die Fashion-Elemente auszusuchen, die zu ihnen passen.

Iwata:

Ich habe gehört, dass es plötzlich über 10.000 verschiedene Einzelstücke gab.

Tajima:

Ich war auch überrascht, als ich das hier gehört habe. Ich wusste nicht, dass es so viele waren.

Iwata:

Wer hat die Entscheidung getroffen, so viele Stücke zu integrieren?

Yamagami:

Mr. Yoshida, der Präsident von syn Sophia.

Iwata:

Bei jedem anderen Spiel wären 10.000 Objekte unmöglich.

Yamagami:

Ich dachte erst, dass wir 1.000 Kleidungsstücke und Accessoires umsetzen und dann überprüfen sollten, ob alles gut im Gleichgewicht ist. Dann hätten wir entscheiden können, ob wir noch mehr Objekte brauchen. Alle waren einverstanden, aber als wir uns einen Monat später wieder getroffen haben, hieß es auf einmal, dass wir 5.000 Objekte brauchen!

Iwata:

Mit anderen Worten, sie waren sich uneinig über die beste Vorgehensweise. (lacht)

Yamagami:

Genau. (lacht) Ich sagte ihnen, dass wir dann später nichts mehr ändern könnten und dass sie sich erstmal auf das grundlegende Spielformat konzentrieren sollten. Da haben sie zugestimmt, aber dann hatten sie auf einmal 5.000 Objekte integriert und sagten, dass das nicht reicht und dass sie jetzt 8.000 machen wollten. Ich konnte sie einfach nicht aufhalten! (lacht)

Iwata Asks
Iwata:

Wenn man so an einem Spiel arbeitet, geht sicher etwas schief. Da muss mal jemand auf die Bremse treten! (lacht)

Yamagami:

Sie haben einfach immer mehr Objekte erstellt, bis sie dann so weit waren, dass sie über 10.000 umsetzen wollten. Die waren völlig außer Kontrolle. Aber als sie die 10.000 überschritten hatten, sagten sie: "Jetzt müssen wir viel zu viele Kleidungsstücke anpassen" und "Jetzt ist klar, warum Sie uns bremsen wollten!" (lacht) Deshalb mussten wir seit diesem Frühling sehr hart arbeiten.

Tajima:

Aber ich kann verstehen, warum sie so viele Objekte wollten. Es gibt 16 fiktive Marken im Spiel. Wenn man Outfits aus den verschiedenen Linien der Marken zusammenstellen will, reichen 1.000 Objekte nicht. Als wir die erste Testversion erstellt haben, gab es nur ein paar Hundert, glaube ich. Stimmt das so, Mr. Yamagami?

Yamagami:

Ja, so ungefähr.

Tajima:

Unter diesen mehreren Hundert Objekten gab es Tops, Röcke und Hosen, aber nichts, was man zu einem Outfit kombinieren wollen würde. Um Outfits zu erstellen, mit denen man wirklich zufrieden ist, braucht man viele verschiedene Arten von Kleidungsstücken und Accessoires. Ich glaube, so hatten sich die Leute bei syn Sophia das vorgestellt.

Yamagami:

Also, Mr. Yoshida, der Präsident von syn Sophia, ist richtig modebegeistert. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum sie 10.000 Objekte erstellt haben!

Tajima:

Im Endeffekt ist es den Spielern durch die über 10.000 Objekte möglich, jeden beliebigen Look zu erstellen.

Iwata:

Also, ich bin sehr froh, dass wir die gut 10.000 Objekte alle gebrauchen konnten, aber um ehrlich zu sein, als ich das Projekt genehmigt habe, wusste ich nicht, dass die Entwicklung zweieinhalb Jahre dauern würde. Ich dachte, es würde ungefähr anderthalb Jahre dauern. Was meinen Sie, warum es so lange gedauert hat? Das lag doch sicher nicht an den 10.000 Kleidungsstücken...

Yamagami:

Ungefähr ein Jahr nach Beginn der Entwicklung haben wir immer noch weitere Kleidungsstücke erstellt, um das Spiel abwechslungsreicher zu machen, und das hat einfach zu lange gedauert.

Iwata Asks
Tajima:

Wir haben das grundlegende System zum Zusammenstellen von Outfits sofort in Angriff genommen, dieses Element hatte bei der Entwicklung also einen guten Start. Aber als es mit der Experimentierphase losging, bei der wir noch mehr interaktive Spielelemente entwickeln wollten, kam die Entwicklung langsam ins Stocken.

Iwata:

Was meinen Sie mit interaktiven Spielelementen?

Tajima:

Ich persönlich habe auch Spaß beim bloßen Zusammenstellen von Outfits. Ich veranstalte zuhause sogar kleine Fashion-Shows.

Iwata:

So ist das... (lacht)

Tajima:

Aber das macht nicht jedem so viel Spaß.

Iwata:

Anders gesagt, wenn man sich - wie Sie - mit Mode auskennt, macht es Spaß, aber wenn man nur oberflächliches Wissen hat, reizt es einen vielleicht nicht so sehr.

Yamagami:

Zuerst war mir auch nicht klar, was daran Spaß machen soll. Ich hatte nie viel Sinn für Mode, deshalb wusste ich nicht, welche Kleidung ich empfehlen sollte. Wenn ich den Kunden Kleidungsstücke empfohlen habe, wollten sie sie nicht kaufen. Sie sind alle aus dem Laden geflüchtet. Mrs. Tajima hat mich immer damit aufgezogen, dass ich so wenig Ahnung von Mode hatte, aber mir war einfach nicht klar, was an Kleiderauswahl Spaß machen sollte.

Tajima:

Am meisten Zeit wurde also dafür verwendet, das Spiel auch für Leute wie Mr. Yamagami unterhaltsam zu machen, die sich nicht mit Mode auskennen.

Iwata:

Da fällt mir ja ein kleiner Stein vom Herzen. Aber als Sie an all diesen Sachen gearbeitet haben, wurden Sie auf einmal zu Nintendo of America geschickt. Haben Sie sich gefragt, was Sie machen sollten?

Tajima:

Natürlich. Ich wollte das Projekt nicht verlassen. Ich wusste wirklich nicht, was ich tun sollte.

Iwata Asks
Iwata:

Immerhin hatten Sie Mr. Yamagami ja auch versichert, dass Sie bis zum Ende dranbleiben würden.

Tajima:

Ich weiß! Ich bin zu Mrs. Hattori gegangen und habe sie bekniet!

Iwata:

Damit wären wir dann bei Mrs. Hattori, die eine verzweifelte Mrs. Tajima vor sich hatte.

Alle:

(lachen)

Iwata:

Was hat sie denn gesagt?

Hattori:

Sie sagte, dass das Spiel in drei Monaten fertig wäre.

Iwata:

Hmm, das hab ich schon mal gehört. (lacht) So fangen meistens ziemlich intensive Arbeitsphasen an.

Yamagami:

Wir wollten eigentlich fertig sein, als Mrs. Tajima letztes Jahr im September in die USA gehen sollte. Deshalb habe ich Mrs. Hattori gesagt, dass wir in spätestens drei Monaten fertig sein würden.

Hattori:

Aber dann hat es doch noch anderthalb Jahre länger gedauert!

Alle:

(lachen)

Hattori:

Als ich zu dem Projekt kam, war nur der Teil richtig fertig, bei dem man die Kunden bedient. Man hat mir gesagt, dass ich aus den vielen netten, verfügbaren Stücken etwas auswählen und den Kunden passende Empfehlungen geben sollte. Aber wenn ich etwas ausgesucht hatte, was mir gefallen hat, liefen die Kunden ohne klaren Grund direkt zum Ausgang!

Yamagami:

Das ging mir auch so. (lacht)

Iwata Asks
Hattori:

Ich bin nicht der Typ, der wirklich aktiv Mode-Magazine liest. Wie Mr. Yamagami hatte ich auch nicht so viel Modeverständnis, deshalb wusste ich mit dem Spiel nicht so viel anzufangen, als ich es ausprobieren konnte. Und als Mr. Yamagami dann gefragt hat, ob wir es in drei Monaten irgendwie fertig machen könnten, war ich erstmal platt.

Iwata:

Aber das hat sich wieder gelegt, nicht wahr?

Hattori:

Das stimmt. Normalerweise interessieren sich Mädchen ja für Mode, aber nicht jeder kennt sich so gut aus wie Mrs. Tajima. Dann kennt man vielleicht viele Mode-Fachausdrücke nicht, oder weiß nicht, welche Farben sich gut kombinieren lassen, und bestimmte Marken-Linien zu kombinieren lernt man eigentlich auch erst wenn man älter wird. Wenn ich als Erwachsene schon nicht so viel Freude am Spiel hatte, wäre es bestimmt noch schwieriger für jüngere Mädchen, denen ihre Mütter noch die Kleidung kaufen. Also haben wir darüber nachgedacht, wie wir das Spiel für jeden unterhaltsam machen könnten und haben uns entschieden, eine Einführung zu integrieren, so wie ein Tutorial.

Iwata:

Auch ein Tutorial kann man nicht in drei Monaten umsetzen.

Hattori:

Stimmt. Deshalb habe ich Mr. Yamagami auch um eine Verlängerung gebeten.

Yamagami:

Als ich mit der Anfrage zu Mr. Iwata gegangen bin, sagte er, dass Rückzug manchmal die beste Option sei. Ich habe darüber nachgedacht, aber war doch überzeugt, dass die Tutorial-Idee von Mrs. Hattori vielversprechend war, deshalb bat ich Mr. Iwata darum, uns weitermachen zu lassen. Er sagte, wenn ich meinte, dass wir es schaffen würden, dann sei das in Ordnung. Also haben wir uns weiter durchgekämpft.