5. Sechs Jahre Arbeit

Iwata:

Welche anderen Veränderungen haben Sie neben der Netzwerk-Funktionalität seit der Game Boy Advance-Version noch vorgenommen?

Sonobe:

Ich bin mir nicht sicher, wie ich das am besten erklären soll ... Wenn man normalerweise an einer Spielreihe arbeitet, dann hat man eben die Nachfolgetitel: 'Teil 2', 'Teil 3', und so weiter. Und dabei gibt es oft die Tendenz, dass man bei jeder Version immer mehr neue Spielelemente integriert.

Iwata:

Ja, so ist es doch bei den meisten Spielen, oder?

Sonobe:

Aber genau das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Und wenn es um Simulationen geht, hat man im Spiel oft z. B. drei Möglichkeiten: A, B oder C. Dabei kann es aber völlig offensichtlich sein, dass A die richtige Wahl ist. Für viele Spieler ist es echt lästig, wenn sie auch die offensichtlichsten Dinge selber auswählen müssen.

Iwata:

Das stimmt! (lacht)

Sonobe:

Solche Elemente wollte ich komplett ausklammern. Aber es gibt ja auch Spiele, bei denen man das eigentliche Fußballspiel überspringen und sich einfach nur die Ergebnisse anzeigen lassen kann. Das hätte ich auf keinen Fall akzeptiert.

Iwata:

Ich verstehe.

Sonobe:

Wie ich vorher schon mal angesprochen habe, hatte ich nicht das Ziel, eine Simulation zu entwickeln, und das war auch schon bei den Baseball- und Pferderennspielen der Fall. Ich wollte Spiele entwickeln, bei denen die Spieler nicht ständig alle möglichen Veränderungen vornehmen müssen, um weiterzuspielen. Ich wollte die Dinge, um die sich die Spieler kümmern müssen, möglichst weit reduzieren, aber gleichzeitig wollte ich auch sicherstellen, dass sie sich nie langweilen. Es war unglaublich schwierig, die Feinabstimmung der Elemente so vorzunehmen, dass diese Balance dabei genau stimmt.

Iwata:

Sie wollten den Spielern also nicht ständig irgendwelche Sachen abverlangen, sondern dafür sorgen, dass sie einfach die Spiele genießen können.

Sonobe:

Richtig. Ich wollte ein Spiel entwickeln, bei dem man sich wie gebannt auf die spannende Action der Fußballspiele konzentriert, und alleine damit schon Spaß am Spiel hat.

Iwata:

Sie haben ja eben gesagt, dass Sie es absolut nicht akzeptiert hätten, dass sich die Spieler einfach nur die Ergebnisse anzeigen lassen könnten, ohne sich das eigentliche Spiel anzusehen. Sie haben viel Mühe investiert, um zu erreichen, dass die Spieler keine Sekunde der Spiele verpassen wollen, und wenn man einfach direkt zu den Ergebnissen springen könnte, würde man ja genau das Element entfernen, das am Fußball so viel Spaß macht. Es macht also total Sinn, dass das für Sie nie in Frage kommen würde.

Iwata Asks
Sonobe:

Stimmt. Deswegen haben wir uns so viel Mühe damit gegeben, das Anschauen der Spiele unterhaltsam zu gestalten und den realistischen Ablauf zu integrieren. Wenn ich "realistisch" sage, meine ich aber - wie schon erwähnt - nicht die Grafikdetails; es ist nicht ganz einfach, das richtig zu definieren ... Das Spiel erscheint ja jetzt für Nintendo 3DS, aber das bedeutet nicht, dass man sofort den Eindruck hat, dass sich die Grafik des Spiels seit den Tagen des Game Boy Advance besonders stark verändert hat, wenn man es zum ersten Mal sieht.

Iwata:

Ja, das stimmt. Ich bin mir sicher, dass es Leute geben wird, die auf der Nintendo-Homepage oder irgendwo anders ein Bildschirmfoto des Spiels sehen, und sich denken werden: "Ist das wirklich ein Nintendo 3DS-Spiel?"

Sonobe:

Ganz bestimmt. Das Spiel wurde ja ursprünglich mit pixeligen Charakteren dargestellt, und wir haben so weit wie möglich versucht, dem Stil des ursprünglichen Spiels treu zu bleiben ...

Iwata:

Der Reiz des Spiels liegt ja nicht unbedingt in dem, was man sieht, und ist deswegen auch nicht so direkt zu kommunizieren. Wenn man das Spiel zum ersten Mal sieht, hat man nicht den Eindruck, dass sich die Grafik verändert hat, oder dass es viele zusätzliche Funktionen gibt, aber wenn man genauer hinschaut, haben sich schon eine ganze Menge Elemente verändert, nicht wahr?

Sonobe:

Das ist richtig. Die Dinge, die wir hinzugefügt haben, kann man nicht direkt sehen. Beim letzten Spiel gab es z. B. Spieler, die es sich selbst zum Ziel gemacht haben, alle ihre Spieler bis auf den höchsten S-Rang zu bringen. Während der Arbeit am Spiel habe ich mich gefragt, ob das Sinn macht. Ich war mir einfach nicht sicher ...

Iwata:

Sie waren nicht sicher, ob das zu Ihrer Zielvorstellung für das Spiel passt?

Sonobe:

Genau, so war es. Es stand im Widerspruch zu dem, wie ich das Spiel gesehen habe. Bei "Best Play Pro Baseball" konnte man z. B. einzelne Werte der Spieler frei verändern, und wenn man wollte, konnte man die Fähigkeiten aller Spieler auf den maximalen S-Rang hochsetzen. Aber wir haben Rückmeldungen bekommen, dass es auf diese Art keinen Spaß macht, auch wenn man gewinnt.

Iwata Asks
Iwata:

Wenn man jeden Spieler auf den höchsten Rang gebracht hat, macht es danach natürlich nicht mehr so viel Spaß weiterzuspielen.

Sonobe:

Richtig. Das ist, als wenn man ein Baseball-Team voller Super-Schlagmänner hätte. Deshalb haben wir es in diesem Spiel so gemacht, dass die Spieler im Verlauf mehrerer Spiele an Form verlieren.

Iwata:

Auch wenn man gute Spieler trainiert hat, kann man sie dadurch nicht ständig einsetzen.

Sonobe:

Ja. Wenn man z. B. eine Reihe von wichtigen Spielen vor sich hat ...

Iwata:

Im Verlauf der Spiele könnte der eigene Stürmer-Star nach und nach an Kraft verlieren.

Sonobe:

Richtig, und das bedeutet, dass man aufmerksam bleiben und die Dinge im Auge behalten muss, um die eigene Strategie entsprechend anzupassen, Veränderungen vorzunehmen, und z. B. andere Spieler einzusetzen. Wenn man seinem Team während des Spiels zuschaut, spiegelt sich außerdem in ihrer Leistung auch die Art wieder, wie man sie trainiert hat.

Iwata:

Man kann also nicht nur die Leistung der einzelnen Spieler, sondern auch den Spielstil des ganzen Teams sehen, und das sorgt dafür, dass es sogar noch mehr Spaß macht, sich die Spiele anzuschauen als in den Vorgängertiteln.

Sonobe:

Das stimmt. Aber das kann man natürlich nicht bei einem flüchtigen Blick auf den Bildschirm erkennen. Das ist also nicht für jeden Spieler sofort offensichtlich.

Iwata:

Es interessiert mich, wie lange die Entwicklung von "Nintendo Pocket Football Club" gedauert hat.

Sonobe:

Also, die ursprüngliche Planungsphase für die Game Boy Advance-Version hat während der Zeit des Nintendo 64 stattgefunden, und der eigentliche Entwicklungsprozess ging dann 2000 los, denke ich.

Iwata:

Das Spiel erschien dann im Jahr 2006.

Sonobe:

Während der gesamten Zeit von der Konzeption bis zur Fertigstellung haben also drei Weltmeisterschaften stattgefunden.

Iwata:

Tatsächlich? (lacht) Und wie lange hat es gedauert, die Nintendo 3DS-Version zu entwickeln?

Sonobe:

Tja, mit der Arbeit daran haben wir direkt nach der Veröffentlichung des Vorgängerspiels angefangen, also ...

Iwata:

Das bedeutet, dass es ungefähr sechs Jahre gedauert hat.

Sonobe:

Ach, war das wirklich so lange? Die Zeit vergeht echt schnell, nicht wahr? (lacht) Also, wenn ich an einem Spiel arbeite, sehe ich das Ende dieses Prozesses eigentlich nie vor mir, und ich feile immer weiter daran, bis das Spielsystem genauso ausbalanciert ist, wie ich es mir vorstelle.

Iwata Asks
Iwata:

Wenn Sie einmal angefangen haben, hören Sie also erst auf, wenn Sie die perfekte Balance gefunden haben. Darf ich Sie noch fragen, ob Sie schon immer gerne Fußball angeschaut haben?

Sonobe:

Nein, ich habe mich erst dafür interessiert, als der Fußball-Boom in Japan losgegangen ist. So ähnlich wie bei Pferderennen, für die ich mich auch erst ab einem bestimmten Zeitpunkt interessiert habe; danach habe ich dann ja "Derby Stallion" entwickelt.

Iwata:

Ah, ich verstehe. Sie haben also angefangen sich Fußballspiele anzuschauen und fanden sie spannend und unterhaltsam, also haben Sie versucht zu analysieren, was Ihnen daran Spaß macht.

Sonobe:

Das ist richtig.

Iwata:

Es ist sehr typisch für Sie, dass Sie das dann im Spielsystem repräsentieren konnten. Sie suchen nach neuen Informationen und versuchen genau zu erkennen, was an bestimmten Dingen Spaß und Freude macht. Gleichzeitig sind Sie aber auch ein Handwerksmeister, der etwas gestalten möchte, das am Ende perfekt ausbalanciert ist ...

Sonobe:

Nein, ich finde, ich brauche für die Fertigstellung von vielen Dingen viel zu lange, um mich als Handwerksmeister zu bezeichnen! (lacht) Aber die sechs Jahre, die wir an dem Spiel gearbeitet haben, waren ja auf keinen Fall verschwendet, und ich denke wirklich, dass wir etwas entwickelt haben, das Fußball-Fans viel Freude machen wird. Ich würde mich freuen, wenn die Spieler das Spiel einmal ausprobieren und die ganze Spannung selbst erleben würden.

Iwata:

Ja, auf jeden Fall. Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser heutiges Gespräch genommen haben.

Iwata Asks
Sonobe:

Es war mir ein Vergnügen. Vielen Dank dafür.