3. Eine ganz persönliche FF-Erfahrung

Iwata:

Kannten Sie Indies Zero bereits, bevor Sie mit der Entwicklung von THEATRHYTHM FINAL FANTASY begonnen haben?

Iwata Asks
Hazama:

Masanobu Suzui, der Präsident von Indies Zero, war in meiner Zeit bei Bandai mein Angestellter. Er war etwa für ein Jahr dort, bevor er sich selbstständig gemacht hat.

Iwata:

Da haben Sie ihn zum ersten Mal getroffen?

Hazama:

Ja. Als ich im Merchandising begann, hat er eine FF-Tauschkarte für uns erstellt. Das war damals die Zeit von FFIX13, aber ich habe nie vergessen, wie begeistert er von der Serie war. Als es dann an dieses Projekt ging, war Indies Zero eigentlich die einzige Wahl. 13 „Final Fantasy IX“ ist der neunte Teil der Serie. Er wurde in Japan im Juli 2000 von Squaresoft (jetzt Square Enix) veröffentlicht.

Iwata:

Eigentlich sehr viele zufällige und willkürliche Ereignisse, aber irgendwie fügte sich dann alles wunderbar zusammen. Es kommt einem fast so vor, als wäre dieses Spiel vom Schicksal vorherbestimmt gewesen! (lacht)

Hazama:

Ja, irgendwie schon, nicht wahr? Viele der Kontakte, die ich im Laufe der Jahre geknüpft habe, sind in diesem Projekt zusammengekommen. Darüber hatte ich bis jetzt noch gar nicht nachgedacht. (lacht)

Iwata:

Sind Sie beim Erstellen dieses Spiels, das quasi ausschließlich auf Musik und Grafik beruht, auf irgendwelche Hindernisse gestoßen? Und konnten Sie die kreative Kraft, die der FF-Marke innewohnt, nutzen, um diese zu überwinden? Oder hatten Sie damit zu kämpfen?

Hazama:

Zumindest im Hinblick darauf, wie wir die Dinge präsentieren würden, hatten wir zu kämpfen. Und da der FF-Markenname ja einiges Gewicht hat, war man schnell versucht, sich Sorgen darüber zu machen, wie die Fans wohl reagieren würden. Wir fragten uns zum Beispiel, ob sie das Spiel als komplett anderen Titel abschreiben würden, der einfach nur unter dem Final-Fantasy-Banner vermarktet wird, wenn wir bei Pressekonferenzen und ähnlichen Gelegenheiten nur Standbilder zeigen würden.

Iwata:

Ja, es ist schwierig, wenn da so viele begeisterte Fans warten. Aber als wir die Demo im Nintendo eShop bereitstellten, waren die Reaktionen sehr positiv – die Spieler sagten, es hätte Ihnen Lust gemacht, wieder mal ein Final-Fantasy-Spiel zu spielen. Das muss doch wohl heißen, dass Sie den Geist der Serie getroffen haben, oder?

Hazama:

Ja, das war toll. Das war genau das, was wir erreichen wollten.

Iwata:

Und was die Gemüter nach der Veröffentlichung der Demo noch bewegt hat, war der Schwierigkeitsgrad. Das hat ganz schön Wellen geschlagen! (lacht)

Hazama:

Danke! (lacht) Es gibt drei Schwierigkeitsgrade. Wer also nur mal eben schnell um der alten Zeiten willen eine Partie spielen will, kann das tun, aber diejenigen, die sich eine Herausforderung wünschen, können sich an der schwierigsten Stufe die Zähne ausbeißen – die meisten Level schaffe nicht mal ich auf dieser Stufe!

Iwata:

So schwierige Spiele sind heutzutage rar. Das zeigte sich auch in den Reaktionen auf die Demo – auf positive Weise.

Hazama:

Es ist schwierig, keine Frage. Um das zu schaffen, muss man wirklich üben. Insofern ist es ein bisschen wie beim Klavierspielen – ein Tag ohne Üben bedeutet drei Tage Fähigkeitenverlust! (lacht)

Iwata:

Ach, so ist das? (lacht)

Hazama:

Es geht aber nicht nur darum, die Lieder durch reines Geschick zu meistern. Das ist wie in einem RPG, wo man eigentlich jede Herausforderung überwinden kann, wenn man nur über die richtigen Fähigkeiten und Objekte verfügt. Aber wenn man auf eine hohe Punktzahl aus ist, muss man ohne Fähigkeiten14 und andere nützliche Funktionen antreten, denn so erhält man die meisten Bonuspunkte. Und hier zeigen sich die wahren Unterschiede im Geschick der Spieler. 14 Fähigkeiten sind Kunstfertigkeiten der einzelnen Charaktere, mit denen diese etwa sich und andere heilen, Spezialangriffe ausführen können, etc.

Iwata:

Wie spielen denn Sie und die Mitglieder Ihres Teams das Spiel?

Hazama:

In der Spielweise erkennt man wirklich die Persönlichkeit der einzelnen Spieler. Unser PR-Manager spielt dasselbe Lied z. B. gerne immer und immer wieder und konzentriert sich ganz darauf, es perfekt hinzukriegen, wohingegen diejenigen, die wirklich gut sind, es auch schon mal in einer Pause zur Hand nehmen, mal eben einen Rekord aufstellen und es wieder weglegen. Und dann sind da noch diejenigen, denen besonders das Museum gefällt, wo man einfach die Musik und Filmclips genießen kann.

Iwata:

Wie haben Sie entschieden, welche Melodien in das Spiel aufgenommen wurden?

Hazama:

Ich war wild entschlossen, dass meine persönliche Einstellung nicht auf die Entscheidung abfärben sollte. Also haben wir eine Umfrage unter den Mitgliedern unserer Community15 durchgeführt, um zu erfahren, welches ihre Lieblingsmelodien aus der Final-Fantasy-Serie waren. Die Liste der Lieder, die schließlich im Spiel auftauchten, beruhte auf den Antworten, die wir in dieser Umfrage erhalten haben. 15 Diese Umfrage wurde unter Square Enix Members durchgeführt, der offiziellen Community der Square Enix-Fans.

Iwata Asks
Iwata:

Bei kreativen Prozessen geht es in der Regel darum, die eigenen Gefühle auszudrücken, aber ich nehme an, bei diesem Spiel ging es eher darum, diese zu unterdrücken.

Hazama:

Ganz genau. In vielerlei Hinsicht sind die FF-Spiele im Laufe der Zeit ihren Schöpfern entglitten. Sie gehören jetzt den Fans. Und deshalb schien es uns bei diesem Titel, bei dem es um Erinnerungen und Gefühle geht, die die Fans mit der Musik der Serie verbinden, nur logisch, das die Fans auch darüber bestimmten, welche Melodien verwendet werden würden.

Iwata:

Und sind Sie mit der Auswahl zufrieden?

Hazama:

Natürlich! Allerdings waren einige der gewählten Titel eine Überraschung. Das liegt wahrscheinlich an der Kluft zwischen den Generationen – wir erinnern uns besonders an die Lieder, die wir als Teenager gehört haben, und das verzerrt vermutlich unsere Sichtweise.

Iwata:

Naja, was man tut und an welchem Punkt des Lebens man sich befindet, wenn man sein erstes Spiel spielt, hat viel damit zu tun, wie man zu dem Spiel selbst steht, meinen Sie nicht?

Hazama:

Auf jeden Fall. Es ist nicht nur das Spiel selbst. Spiele können einen wirklich bewegen – und die FF-Spiele scheinen die Spieler stärker bewegt zu haben als die meisten anderen.

Iwata:

Was genau macht die FF-Serie so besonders? Worin liegt für Sie der Kern des „FF-Faktors“?

Hazama:

Also, ganz ehrlich gesagt: Ich habe keinen Schimmer. Hatte ich auch noch nie.

Iwata:

Ich bewundere Ihre Ehrlichkeit! (lacht) Und gleichzeitig sagt diese Antwort wohl viel darüber aus, wer Sie sind.

Hazama:

Tut mir leid … (lacht) Seit meiner Zeit bei Squaresoft habe ich den Eindruck, dass diese Projekte immer von starken Persönlichkeiten geführt werden und dass es in jeder Abteilung Mitarbeiter mit eigenen Visionen gibt, die bereit sind, diese Anführer herauszufordern.

Iwata:

Sie meinen, der Wettbewerb zwischen den Erstellern hat die Serie stark gemacht?

Hazama:

Ja. Es ist vielleicht eine seltsame Art dies auszudrücken, aber ich habe den Eindruck, dass alle, die an der Serie gearbeitet haben, immer gute Zutaten zu der Mischung beigetragen haben, weshalb das Resultat so herausragend war. Und ich fand schon immer, dass es am Geschmack der einzelnen Spieler liegt, wie ihnen das Ergebnis mundet. Unterschiedliche Spieler hängen an unterschiedlichen Zutaten. Aber ganz gleich, ob es sich dabei um das Spielsystem, die Handlung, die Musik, die Grafik oder die Charaktere handelt – alles ist eng miteinander verwoben. Das ist mein Eindruck von dieser Serie.

Iwata:

Verstehe.

Hazama:

Und bei diesem Titel haben wir die Grafik und die Musik absichtlich herausgetrennt. Mir ist schon klar, dass es nicht unbedingt diese beiden Zutaten sind, die das FF-Erlebnis für bestimmte Spieler definieren, aber ich hoffe, dass wir durch die Konzentration auf diese beiden Elemente ein Produkt erschaffen haben, das es denjenigen Spielern, die eben besonders an der Grafik und der Musik hängen, ein Erlebnis beschert, das sie sowohl nebenbei und zwischendurch als auch sehr viel tiefer gehend genießen können. Das war zumindest unser Ziel.