8. Die typische Mario-Duftnote einfangen

Iwata:

Wie würden Sie Lesern dieses Interviews "New Super Mario Bros. Wii" beschreiben?

Miyamoto:

Ich würde sagen, wir haben einen Titel für jeden geschaffen, angefangen bei denjenigen, die sich nicht so gut mit Spielen auskennen, bis hin zu den äußerst geschickten Spielern – alle können die Grundlagen von Mario-Spielen genießen. Ich glaube, unter dem Strich ist es das, was dieses Spiel ausmacht.

Iwata:

Sie sagen das so nebenbei, als ob es das Einfachste in der Welt wäre, dies zu bewerkstelligen, dabei muss es eine ungeheuer schwere Aufgabe gewesen sein.

Miyamoto:

Mein Ziel besteht darin, dass sich die Wii-Version von "New Super Mario Bros." auch ein Jahr nach seiner Veröffentlichung noch verkauft, wie es bei der DS-Version der Fall ist. Ich würde es gerne sehen, dass es zum Standardspiel für alle Besitzer einer Wii-Konsole gehört. Ich habe eine enorme Menge an Energie investiert, um dieses Ziel zu erreichen.

Iwata:

Was glauben Sie macht den Unterschied aus, damit sich der Titel selbst ein Jahr nach Erscheinen immer noch verkaufen lässt, im Gegensatz zu anderen Titeln, die das nicht erreichen?

Miyamoto:

Ich glaube, ein Spiel muss zu einem Lieblingswerkzeug werden, das die Leute immer gerne in die Hand nehmen und das nicht weit von ihnen entfernt ist. Außerdem muss es über Elemente verfügen, die Personen immer wieder entdecken können und über die Sie mit anderen sprechen wollen...

Iwata:

Es muss voller Dinge stecken, über die man diskutieren kann.

Miyamoto:

Genau. Es ist wichtig, dass die andere Person weiß, worüber Sie sprechen, und es ist wichtig, dass man immer neue Dinge entdecken kann. Selbst wenn man eine Weile gespielt hat und den Titel weglegt, möchte man, wenn ein Freund zu Besuch kommt, das Spiel herausholen und es erneut spielen. Ich glaube, es ist unglaublich wichtig, dass das Gefühl beim Spielen des Titels unvergesslich ist, dass Sie etwas erhalten, was Ihnen ein anderes Spiel nicht geben kann. Das könnte man Atmosphäre nennen, oder "Duftnote"... ja, ich glaube "Duftnote" kommt dem an nächsten.

Iwata:

"Duftnote"...?

Miyamoto:

Nun ja, großartige Filme verfügen auch über ihre eigene "Duftnote", finden Sie nicht auch? Und ich rede hier nicht vom Geruch eines Kinos! (lacht) Eine besondere "Duftnote" scheint von bestimmten Bildern auszugehen.

Iwata:

Sie sprechen von einer Art einzigartigem ausgeprägtem Gefühl...

Miyamoto:

Ich glaube, wenn etwas viele Gefühle hervorruft, dann ist das, was man fühlt, so etwas wie eine "Duftnote". Ich möchte Mario-Spiele so entwickeln, dass sie ihre eigene Mario-"Duftnote" ausstrahlen. Ich möchte etwas schaffen, das so viele der fünf Sinne stimuliert, wie es nur möglich ist. Wenn man das schafft, macht es den Spieler glücklich, wenn er das Spiel von Zeit zu Zeit wieder herausholt. Es gibt auch diese Spiele, die man kurz ausprobiert und die keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, egal wie aufregend sie sonst sein mögen.

Iwata:

Heute haben Sie den Begriff "Duftnote" gewählt. Sie sprechen aber auch oft vom "Gefühl" eines Spiels.

Iwata Asks
Miyamoto:

Ja, das ist richtig.

Iwata:

Wo, glauben Sie, kommt das bestimmte Gefühl eines Spiels her? Was verleiht einem Spiel den typischen Mario-Flair?

Miyamoto:

Nun ja, abhängig vom Spiel verwendet man möglicherweise einen Analog Stick oder das Steuerkreuz. Die Hardware-Funktion ist aber identisch. Das tatsächliche Gefühl, wenn man einen Knopf drückt, unterscheidet sich jedoch von Spiel zu Spiel. Das ist das Wichtigste. Wir haben die Steuerung von Mario nicht von Generation zu Generation in der Firma weitergegeben, vielmehr haben wir sie für jedes Spiel überarbeitet.

Iwata:

Am Ende ist jedoch Ihr persönliches Empfinden der entscheidende Faktor, ist dem nicht so, Mr. Miyamoto?

Miyamoto:

Mein Empfinden ist aber nicht ganz zuverlässig oder akkurat. Während der Entwicklung des neuesten Titels habe ich oft Dinge gesagt wie: "Bei "Super Mario World"26 war das aber nicht so!" Dann bin ich hergegangen und habe "Super Mario World" zum ersten Mal seit einer halben Ewigkeit gespielt und festgestellt, dass die Dinge nicht ganz so waren, wie sie mir meine Erinnerungen vorgaukeln wollten...26 Super Mario World war ein Jump'N'Run-Spiel, das im November 1990 in Japan gemeinsam mit dem Super Famicom-System auf den Markt kam. Es war der vierte Titel in der Serie.

Iwata:

(lacht)

Miyamoto:

Dann habe ich gesagt: "Wow! Die neueren Titel sind wirklich gut gelungen, nicht wahr!" (lacht)

Iwata:

Ich bin mir sicher, Sie sehen die Vergangenheit durch eine rosarote Brille! (lacht) Das "Gefühl", von dem Sie sprechen, ist etwas, das sich mit der Zeit verändert. Es ist nicht universell und unumstößlich.

Miyamoto:

Da haben Sie wohl Recht. Vergessen wir auch nicht, dass wir die Dinge jetzt mit viel größerem Detail betrachten können. Früher hat man die Details einfach mit seinem Vorstellungsvermögen vervollständigt, wohingegen wir heute alles im feinsten Detail sehen... Das heißt aber nicht, dass etwas, das mit viel Liebe zum Detail gemacht wurde, gezwungenermaßen immer besser ist. Wenn ich es grob unterscheiden müsste, würde ich sagen, es gibt Momente, in denen Kodieren und Vereinfachen Dinge einfacher zu verstehen machen. Dann gibt es Momente, in denen eine sehr feine und detailreiche Ausdrucksweise angenehmer ist.

Iwata:

Diese Unterscheidung ist wichtig, nicht wahr?

Miyamoto:

Das Gleiche gilt für Sound. So stimmt es beispielsweise nicht, dass man heutzutage ausschließlich Sound-Samples als Effekte nutzen kann. Bei Zelda haben wir nur für herabfallende Felsen Sound-Samples verwendet, dadurch wirkte alles sehr echt.

Iwata:

Sie legen besonders großen Wert auf Sound-Effekte. Das liegt vielleicht daran, dass sie einen großen Einfluss auf das "Gefühl" eines Spiels haben können.

Miyamoto:

Richtig. Sound-Effekte sind mir extrem wichtig. Nehmen wir beispielsweise Propeller-Mario , der in diesem Titel erscheint. Ich war der Meinung, der Klang des Propellers wirkte etwas seltsam und habe die Kollegen, die für das Audio zuständig waren, gebeten, dies zu korrigieren. Scheinbar hatten sie aber große Probleme damit.

Iwata:

Sie waren sich nicht sicher, wie Sie das Problem beheben sollen?

Miyamoto:

Also habe ich ihnen erklärt: "Es soll klingen wie ein Käfer, der fliegt!"

Iwata:

Ein Käfer? (lacht)

Miyamoto:

Dann antworteten die Kollegen: "Danke, dass Sie es so deutlich ausgedrückt haben! Jetzt verstehen wir!" (lacht) Also haben sie das Problem korrigiert. Wie Sie sich vorstellen können, klang es komplett anders als ich es mir vorgestellt hatte. Dann sagte ich ihnen: "Wissen Sie was, vergessen Sie, was ich über den Käfer gesagt habe..." (lacht)

Iwata:

(lacht)

Miyamoto:

Die Kollegen hatten dann überhaupt keine Ahnung, also habe ich sie gefragt, woraus der Propeller gemacht ist, aus dem der Sound stammt.

Iwata:

Sie haben nach den Materialien gefragt, aus denen der Propeller hergestellt wurde?

Iwata Asks
Miyamoto:

Nun ja, natürlich gibt es in der echten Welt keinen Anzug, an dem ein Propeller angebracht ist!

Iwata:

(lacht)

Miyamoto:

Also fragte ich die Kollegen: "Wie wird er angetrieben? Ist es ein Elektro- oder ein mechanischer Motor?"

Iwata:

Das ist etwas, das in den Spezifikationen des Spiels sicher nicht stehen würde, deshalb bin ich mir sicher, dass die Kollegen nicht darüber nachgedacht haben, stimmt's? (lacht)

Miyamoto:

Sie haben mir gesagt, dass es für sie unmöglich ist, diese Frage zu beantworten. Dann sagte ich ihnen: "Wenn Sie aber einen aussuchen müssten, würden Sie eher zu einem Elektro- oder einem mechanischen Antrieb tendieren? Oder vielleicht eine Art Hybrid-Antrieb?"

Iwata:

Also haben Sie die Kollegen immer wieder gebeten, den richtigen Sound für das zu generieren, was Ihnen im Kopf vorschwebte!

Miyamoto:

Wenn man sich nicht auf einen festen Sound festlegt, kann man den Unterschied zwischen einem langsamen oder schnellen Propeller nicht erkennen.

Iwata:

Ich verstehe.

Miyamoto:

Nachdem ich meine Kollegen so sehr darüber befragt habe, stellte ich für mich fest, dass was auch immer den Propeller antrieb, ziemlich schwer sein musste. Also sagte ich: "Glauben Sie nicht auch, es wäre das Beste, wenn sich Marios Hals ein bisschen neigen würde?"

Iwata:

(lacht)

Miyamoto:

Daraus sind jede Menge Ideen entstanden. Dinge wie: "Sollte es nicht irgendeine Helmattacke geben?" Wenn man diese Dinge auf natürlich Weise zusammenfügt, sind sie der Ursprung neuer Ideen... Das ist die Kreativität, die daraus entstammt, dass man den Dingen ihren freien Lauf lässt! (lacht)

Iwata:

Kreativität, die daraus entstammt, dass man den Dingen ihren freien Lauf lässt! (lacht) Jetzt bin aber schon daran interessiert, worauf Sie sich schließlich als Sound für Propeller-Mario festgelegt haben?

Miyamoto:

Wenn man einen normalen Propeller mit seiner Hand dreht, macht er ein "Brumm! Brumm!"-Geräusch, nicht wahr? Wir waren aber der Meinung, dass es im Antrieb von Propeller-Mario keinen Treibstoff gibt. Deshalb haben wir uns auf einen

Video: Propeller mit einem Surren geeinigt

Wie würden Sie Lesern dieses Interviews "New Super Mario Bros. Wii" beschreiben?
Propeller mit einem Surren geeinigt .

Iwata:

Ach so.

Miyamoto:

Es ist ein ziemlich reaktionsfreudiger Antrieb, möglicherweise ein Hybrid-Antrieb... Es ist ein Antrieb mit hohem Drehmoment, den man möglicherweise von Hand bedient? Nun ja, darüber waren wir uns noch nicht einig...

Iwata:

(lacht)