1. Ein erfahrenes Team macht Gesellschaftsspiele

Iwata:

In der heutigen Ausgabe von “Iwata fragt” sprechen wir mit zwei Entwicklern von Nd Cube1 und dem für die Produktion verantwortlichen Nintendo-Team über Wii Party. Könnten Sie sich bitte kurz vorstellen? 1Nd Cube Co., Ltd: Eine Software-Entwicklungsfirma für Videospiele, die 2000 gegründet wurde und seit August 2010 zu 95% Nintendo gehört. Während die Hauptniederlassung in Tokio angesiedelt ist, befindet sich das Außenbüro in Sapporo, der Hauptstadt der nördlichsten japanischen Präfektur Hokkaido.

Ikeda:

Ich bin Ikeda und Mitglied des Vorstands von Nd Cube. Ich war einer der Produzenten von Wii Party.

Iwata Asks
Nishiya:

Ich bin Nishiya von Nd Cube und leite die Engineering und Development-Abteilung in Sapporo. Als Direktor von Wii Party war ich für die Koordination aller Einzelteile verantwortlich.

Iwata Asks
Hirose:

Ich bin Hirose von der Produktionsgruppe Nr. 4 der Software Planning & Development-Abteilung. Als Co-Produzentin fungierte ich als Ansprechpartnerin für Nd Cube, habe in vielen Bereichen mit Nd Cube zusammengearbeitet und war bis in die kleinsten Details involviert.

Iwata Asks
Iwata:

Vom Großen hin zum Kleinen.

Hirose:

Genau. (lacht)

Sato:

Ich bin Sato und gehöre auch zur Produktionsgruppe Nr. 4 der Software Planning & Development-Abteilung. Genau wie Mr. Ikeda von Nd Cube habe ich bei diesem Projekt als Produzent gearbeitet. Zusammen mit der restlichen Belegschaft habe ich Ideen entwickelt und festgelegt, was wir aus Wii Party machen wollten.

Iwata Asks
Iwata:

Sie haben alle schon sehr lange zusammengearbeitet, nicht wahr?

Ikeda:

Ja, über zehn Jahre. Nishiya und ich haben früher bei Hudson gearbeitet.2 Das erste Mal haben wir bei Nintendo zusammen an Mario Party gearbeitet.32Hudson: Eine 1973 gegründete Firma für Videospiele. Hudson hat Titel wie die Bomberman- und Momotaro Dentetsu-Serien entwickelt und veröffentlicht und war seit den Anfängen an der Entwicklung der Mario Party-Serie beteiligt. Die Hauptniederlassung befindet sich in Tokio. 3Mario Party: Ein Party-Spiel, das in Europa im März 1999 für die Nintendo 64-Konsole veröffentlicht wurde.

Iwata:

Mr. Ikeda, Sie waren seit der ersten Ausgabe an Mario Party beteiligt. Die Serie wurde ganz groß angelegt, und ehe wir uns versahen, gab es acht Folgen.

Ikeda:

Ja, genau, es gab acht für Heimkonsolen. Aber wir haben auch welche für den Game Boy Advance und den Nintendo DS gemacht.44In Europa kam Mario Party Advance im Juni 2005 und Mario Party DS im November 2007 heraus.

Iwata:

Es gab also insgesamt zehn Spiele. Haben Sie an allen mitgearbeitet?

Ikeda:

Ja. Das erste Mario Party-Spiel kam 1998 heraus. Die Entwicklung begann 1996. Zu dieser Zeit arbeitete ich als Produktmanager. Und im Handumdrehen sind 14 Jahre ins Land gegangen.

Iwata:

Mr. Nishiya waren Sie auch von Anfang an dabei?

Nishiya:

Nein, ich war erst von Mario Party 2 an dabei.5 Als das erste Spiel entwickelt wurde, gehörte ich noch zu einem anderen Projektteam. Aber es sah sehr interessant aus. Kurze Zeit später begann man mit der Entwicklung des zweiten Spiels, und ich dachte: “Da will ich dabei sein!” 5Mario Party 2: Ein Gesellschaftsspiel, das in Europa im Oktober 2000 für das Nintendo 64 herauskam.

Iwata:

Also sagten Sie: “Lassen Sie mich dabei sein!”

Nishiya:

Genau. Ich war damals noch jung und habe seither an der Serie mitgearbeitet.

Iwata:

Was haben Sie damals gemacht, Mr. Sato?

Sato:

Ich fungierte damals als Ansprechpartner für andere Firmen, die mit der Nintendo-Software arbeiteten, und das hat dazu geführt, dass ich an Mario Party arbeitete. Zunächst fungierte ich als Ansprechpartner, aber allmählich arbeitete ich auch an den Inhalten des Spiels mit.

Iwata:

Wann sind Sie dazu gekommen, Mrs. Hirose?

Hirose:

Bei Mario Party 3 .6 Ursprünglich gehörte ich zu einer anderen Abteilung als der Entwicklungsabteilung, aber plötzlich kam ich - wie die Jungfrau zum Kind - zur Entwicklung von Videospielen. Wahrscheinlich war ich damals eine ziemliche Belastung für die anderen, aber ich habe seither immer dort mitgearbeitet. 6Mario Party 3: Ein Gesellschaftsspiel, das in Europa im November 2001 für das Nintendo 64 herauskam.

Iwata:

So also sind Sie schon zu Beginn zur Mario Party-Serie gekommen. Dieses Spiel war schon immer vollgepackt mit Minispielen und wurde jedes Jahr traditionell zur Ferienzeit veröffentlicht. Worin lag das Geheimnis, mit einer solchen Regelmäßigkeit kontinuierlich neue Fortsetzungen herauszubringen?

Ikeda:

Das Geheimnis?

Iwata:

Ich habe an der Entwicklung von Kirby und Smash Bros. mitgearbeitet. Wir konnten nicht jedes Jahr ein neues Spiel herausbringen. Also habe ich Sie schon ein bisschen überrascht beobachtet. (lacht)

Nishiya:

(lacht) Als einer der Entwickler kann ich sagen, dass wir immer ganz viele Ideen für Minispiele hatten, die wir nicht alle bei einer Folge anbringen konnten. Also sagten wir uns: „Bewahren wir uns diese für die nächste Folge auf.“ Und so hatten wir immer eine ganze Reihe von Ideen auf Lager.

Iwata:

Ich glaube, das war nur möglich, weil ein Spiel wie Mario Party geradezu dafür gemacht ist, am laufenden Band produziert zu werden.

Ikeda:

Meiner Meinung nach ist es genau richtig strukturiert, um sich wie am Fließband produzieren zu lassen. Und, wie Mr. Nishiya sagte, hatten wir immer Hunderte von Ideen für Minispiele, aus denen wir immer nur diejenigen auswählten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt am besten passten, und die anderen für später aufbewahrten. Ich glaube, das Geheimnis lag darin, dass wir kontinuierlich so vorgingen.

Iwata Asks
Iwata:

Aber trotzdem haben Sie drei Jahre nacheinander jeweils ein Spiel für das Nintendo 64 herausgebracht, ein Jahr Pause gemacht und anschließend vier Jahre lang einen Titel pro Jahr für den Nintendo GameCube veröffentlicht. Also haben Sie tatsächlich fast jedes Jahr einen Titel gemacht. Warum ebbte der Strom nicht ab?

Nishiya:

Ich glaube, das lag zum Großteil daran, dass jedes Mal, wenn ein neuer Titel veröffentlicht wurde, neue Leute zum Team dazu kamen – so wie ich.

Iwata:

Oh, wenn neue Leute dazu kommen, bringen sie auch neue Ideen mit.

Nishiya:

Genau so war es.

Iwata:

Aber wenngleich so viele Leute hinzukamen, hatten Sie nicht das Gefühl, dass Sie in einen gewissen Trott verfallen waren, ein Spiel nach dem anderen zu machen?

Ikeda:

Doch, ganz bestimmt.

Iwata:

Wie sind Sie da wieder raus gekommen?

Sato:

An jedem Wendepunkt versuchten wir, um keine Routine aufkommen zu lassen, große Veränderungen einzuführen, wie zum Beispiel, keine Würfel mehr zu verwenden und neue Regeln aufzustellen.

Iwata:

Aber wenn Sie keine Würfel verwenden, werden manche vielleicht sagen, das ist doch nicht Mario Party.

Nishiya:

Das stimmt. Wir wollten aus Mario Party immer ein Spiel machen, das die Familien in den Ferien gemeinsam spielen konnten. Also mussten die Regeln für jedermann leicht verständlich sein. Natürlich mussten wir uns immer etwas Neues ausdenken, aber wir wollten auch einen Grundstock beibehalten. Uns war es wichtig, das Spiel vertraut und bequem spielbar zu halten. Zum Glück kam immer jemand neues mit einer neuen Idee, die praktisch das Herzstück und Highlight des Spiels bildete. Ich glaube, wir konnten die Serie so lange fortführen, weil die Spieler immer sagen konnten: “Das ist ein bisschen anders und neu.“

Iwata:

Mit anderen Worten waren Ihnen die Vertrautheit und bequeme Spielbarkeit wichtig. Daher behielten Sie das Grundkonzept bei. Aber Sie haben auch jedes Mal etwas Neues hinzugefügt, damit es nicht nach dem alten Spiel aussah.

Nishiya:

Ja, das bringt es auf den Punkt.

Iwata:

Was war Ihnen als Videospiele-Entwickler wichtig, als Sie die Serie gemacht haben?

Hirose:

Ich bin selbst nicht besonders gut beim Spielen von Videospielen. Also war es mir wichtig, ein Spiel zu kreieren, von dem jeder sagen konnte: “Dieses Spiel kann ja selbst ich spielen.”

Iwata:

Ein Spiel, das jeder zusammen mit anderen spielen kann.

Hirose:

Ja. Wenn jemand wie ich, der kein guter Spieler ist, dazu stößt und andauernd verliert, macht es doch keinen Spaß. Aber wenn selbst ich mitunter gewinnen kann, macht es einen Riesenspaß. Mir war es sehr wichtig, in dieser Beziehung ein Gleichgewicht herzustellen.

Nishiya:

Wenn Sie zum Beispiel, selbst wenn Sie verlieren, noch sagen: “Vielleicht gewinne ich ja das nächste Mal!” oder “Ich möchte es noch mal probieren!”. Wir wollten ein Spiel machen, das Sie immer und immer wieder spielen möchten. Wir haben uns große Mühe gegeben, ein Spiel zu erstellen, das jeden fair behandelt. Wenn also die Familie untereinander spielt, müssen die Eltern nicht absichtlich verlieren, damit ihre Kinder die Gewinner sind.

Iwata:

Das Glück spielt also auch eine gewisse Rolle. Selbst ein guter Spieler gewinnt nicht immer. Wie steht es mit Ihnen, Mr. Sato?

Sato:

Im Vergleich mit anderen Spielen finde ich, dass Mario Party sich darin unterscheidet, dass es allein schon Spaß macht, sich das Spiel anzusehen. Es macht auch Spaß, wenn ein Bündel von irgendetwas auf einen zukommt und man wegläuft, um diesem auszuweichen. Aber wir wollten, dass es Spaß macht, sich das Spiel anzusehen, und haben aus diesem etwas zum Beispiel Pinguine gemacht. Wir haben auf solche Details geachtet, wie etwa, dass alles zu wackeln beginnt, wenn Sie oben auf einen Kubus springen. Dies ist die Art von Spaß, die Erwachsene leicht vergessen. Die Entwickler hatten das aber im Hinterkopf, als sie das Spiel machten.

Iwata:

Mr. Ikeda, ist das etwas, das Ihnen sehr wichtig war?

Ikeda:

Ja. Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, wie man die Spieler überraschen oder erfreuen kann, und was sie wohl sagen, wenn sie dieses Spiel spielen.