4. ''Steel Diver'' - warum jetzt?

Iwata:

Okay, sprechen wir jetzt mal über "Steel Diver".

Miyamoto:

Natürlich, gerne.

Iwata:

Gerade werden ja viele Spiele für das Nintendo 3DS-System entwickelt, und da wirkt "Steel Diver" etwas unspektakulär. Bei diesem Spiel steuert man ein U-Boot, das sich aber nicht besonders schnell bewegt.

Miyamoto:

Das stimmt wohl. (lacht)

Iwata:

Zuerst würde ich Sie gerne fragen, warum Sie die Entwicklung des Spiels gerade jetzt abschließen wollten. "Steel Diver" hat ja eine sehr lange Geschichte, an die sich manche Leute bestimmt auch erinnern. Als wir das Nintendo DS-System bei der E3 20048 zum ersten Mal präsentiert haben, wurde das Spiel als Referenztitel vorgestellt. Es ist also schon sehr lange in Entwicklung. Deshalb frage ich mich, warum es gerade jetzt für das Nintendo 3DS-System veröffentlicht wird. 8E3 (Electronic Entertainment Expo): Eine Videospiel-Messe, die in Los Angeles stattfindet.

Miyamoto:

Es stimmt, dass die Entwicklungszeit sehr lang war, aber die ursprüngliche Planung dafür ging bereits lange vor der Entwicklung der Nintendo DS-Demoversion los. Eigentlich wollte ich immer ein Flugsimulationsspiel umsetzen.

Iwata Asks
Iwata:

Aber als Flugsimulator haben Sie doch schon während der Super Famicom-Ära "Pilotwings"9 entwickelt. In diesem Spiel steuert man Flugzeuge und viele andere Fluggeräte. Haben Sie trotzdem weiterhin diesen Wunsch gehabt? 9Pilotwings: Dieses Spiel wurde im Dezember 1990 in Japan für das Super Famicom (Super NES)-System in Japan veröffentlicht, und "Pilotwings 64" für das Nintendo 64-System erschien in Japan im Juni 1996. Ein neuer Titel in dieser Reihe mit dem Namen "Pilotwings Resort" ist gerade in Entwicklung für das Nintendo 3DS-System.

Miyamoto:

Ja, in diesem Spiel ging es um die Freude am Flugerlebnis. Es ist aber etwas anders als die Flugsimulation, die ich entwickeln wollte. Bei Flugsimulationen geht es ja um die Freude an der Steuerung von Flugzeugen.

Iwata:

Ja, das stimmt schon.

Miyamoto:

Außerdem gibt es richtige Flugsimulatoren - z.B. auf dem PC - ja schon sehr lange, und manche Arcade-Spiele haben ein ähnliches Simulationserlebnis geboten. Der Schwierigkeitsgrad bei diesen Simulationen ist im Vergleich mit anderen Videospielen ziemlich hoch, aber diese Schwierigkeit macht auch einen großen Teil des Reizes aus.

Iwata:

Dabei wird ja auch die tatsächliche Steuerung der Flugzeuge simuliert. Genau wie die Steuerung eines Flugzeugs in der Realität schwierig ist, so ist auch die Steuerung dieser Spiele anspruchsvoll.

Miyamoto:

Stimmt. Das ist das genaue Gegenteil der Steuerung bei den Action-Spielen, an denen ich sonst arbeite.

Iwata:

Ja. In den Action-Spielen, an denen Sie hauptsächlich arbeiten, kann man viele verschiedene Dinge mit einem Controller machen. Dabei ist Ihnen schnell reagierende Steuerung am wichtigsten, und manchmal ignorieren Sie auch die physikalischen Gesetze, um das zu erreichen. Aber bei einem Flugsimulationsspiel muss man das Flugzeug genauso steuern, wie es auch in der Realität funktioniert.

Miyamoto:

Genau. Deshalb landet man in Flugsimulationsspielen oft sofort im "Game Over"-Bildschirm, z.B. wegen des Fehlers, den man vor 30 Sekunden gemacht hat.

Iwata:

Das hört sich wie das genaue Gegenteil von einem Actionspiel an. Sie interessieren sich anscheinend für Spiele auf beiden Seiten des Spektrums.

Miyamoto:

Ja. (lacht) Ich denke, was bei Actionspielen mit am reizvollsten ist, ist die Fähigkeit, den Charakter intuitiv bewegen zu können. Flugsimulationsspiele machen hingegen deshalb Spaß, weil der Spielablauf sehr logisch ist. Der Reiz liegt darin, die Bewegung von Objekten im Kopf zu simulieren.

Iwata:

Aber das ist ja die Perspektive des Spielers.

Miyamoto:

Ja. Mich interessieren einfach beide Varianten. Die haben beide ihren eigenen Reiz. So wie bei Formel 1-Rennen. Bei manchen Rennspielen soll man sich so fühlen, als ob man fahren, lenken und bremsen kann, wie ein Profi-Rennfahrer. Bei anderen Spielen kommt man durch das Meistern der Spielsteuerung wirklich etwas näher daran, ein echter Rennfahrer zu sein. Das ist auf jeden Fall die viel schwierigere Variante. Normalerweise mögen die Leute keine schwierigen Sachen als Unterhaltung, aber gerade diese Schwierigkeit macht hier eigentlich den Reiz aus.

Iwata:

Genau, denn wenn man es dann gemeistert hat, macht das ganze Spiel auch umso mehr Spaß.

Iwata Asks
Miyamoto:

Ja. Und ich wollte auch ein Spiel entwickeln, bei dem man an schwierigen Situationen Spaß hat. Aber ich habe bei der Spielentwicklung die Tendenz, eher Spiele umzusetzen, die "sofort Spaß machen." (lacht)

Iwata:

Das finde ich aber nicht schlecht. (lacht) Obwohl es heutzutage so scheint, als ob immer mehr Spiele so gestaltet sind, dass die Spieler nach nur wenigen Minuten Spielzeit sofort merken, was an den Spielen Spaß macht, und dass die Spieler die Steuerung ganz ihren Wünschen entsprechend anpassen können.

Miyamoto:

Ja. Daher ist es auch nicht einfach nachzuvollziehen, dass es Unterhaltung sein kann, eine komplizierte Steuerung zu erlernen.

Iwata:

Stimmt. Deshalb haben die meisten Leute auch kein Interesse an einem Spiel, bei dem man die Steuerung nicht sofort wie ein Experte beherrscht.

Miyamoto:

Aber auch nur, weil die Erwartung der Leute enttäuscht wird, die Spiele sofort ganz nach Ihren Vorstellungen beherrschen und steuern zu können.

Iwata:

Ja, da haben Sie absolut recht.

Miyamoto:

Aber wenn den Leuten im Vorfeld schon klar ist, dass sie es mit einer Herausforderung zu tun haben, wissen sie das Spiel dann auch zu schätzen, obwohl sie die Steuerung nicht sofort beherrschen.

Iwata:

Richtig.

Miyamoto:

Aber bei Autos können es die Leute nicht so sehen.

Iwata:

Stimmt, das geht irgendwie nicht. (lacht)

Miyamoto:

Weil man denkt, dass man die schon perfekt steuern kann. Aber bei einem großen Kreuzfahrtschiff oder Flugzeug ist den Leuten klar, dass die Steuerung nicht so unmittelbar reagiert.

Iwata:

Genau, da kann man verstehen, dass so schnelle Bewegungen nicht passen würden.

Miyamoto:

Deshalb sollte es bei Flugzeugen z.B. auch um große Passagierflugzeuge gehen und nicht um Kampfjets. Ich hatte immer das Gefühl, dass sich etwas Großes, wie ein Schlachtschiff oder U-Boot, am besten eignen würde. Also habe ich mich für das U-Boot entschieden.

Iwata:

Ich verstehe. (lacht) Sie haben auf jeden Fall recht damit, dass man bei einem U-Boot nicht überrascht ist, wenn man es nicht so schnell und unmittelbar herumlenken kann. Das ist da ja normal.

Miyamoto:

Ja. Aber finden Sie nicht vor allem auch, dass U-Boote einfach super sind? (lacht) Da gibt es so viele Gimmicks, man kann z.B. Täuschungsbojen10 abwerfen oder Torpedos abfeuern. Jeder Mann träumt doch davon, so etwas zu steuern. 10Täuschungsbojen: Hiermit kann man Gegner täuschen oder gegnerische Torpedos abfangen.